Logotherapie (von griech. lógos „Sinn, Gehalt“ und therapeúein „pflegen, sorgen“) ist Therapie durch Sinnfindung; sie ist sinnzentrierte und wertorientierte Psychotherapie, wobei weniger die „Psyche“ (natürlich auch!) als vielmehr der Geist und die Geisteskräfte eines Menschen angesprochen werden.
In Kurzfassung: Freiheit des Willens und Verantwortung für das, was der Mensch selbst wählt, darüber hinaus der Wille zum Sinn als Primärmotivation und die Bejahung, dass Sinn im Leben (und zwar trotz Leid, trotz Schuld und trotz Tod) gefunden werden kann, bilden die Grundlage der Logotherapie.
Bekanntlich wächst der Mensch mit seinen Aufgaben. Er wächst jedoch nicht nur mit ihnen, er schrumpft auch mit dem Verlust von Aufgaben, weshalb es wichtig und notwendig ist, sich in jedem Lebensalter und in jedem Lebensabschnitt selber Aufgaben zu setzen, die sowohl zu den jeweiligen Umständen als auch zu den eigenen Kräften passen.
Man kann nichts – rein gar nichts! – tun, um glücklich zu werden. Je verkrampfter die Absicht, desto schlechter das Ergebnis. Was man hingegen tun kann, ist, aus echten Motiven heraus sinnvoll zu leben und sinnvoll zu handeln.
Der in Einheit gemeinte Begriff „Logotherapie und Existenzanalyse“ bezeichnet seit 1948 die „Dritte Wiener Schule“ der Psychotherapie. (Die erste Schule war die Psychoanalyse von Sigmund Freud, die zweite die Individualpsychologie von Alfred Adler). Und die Dritte Wiener Schule der Psychotherapie, die Logotherapie und Existenzanalyse, erkennt im Menschen ein geistiges Wesen: Der Mensch ist von seinem geistigen Ursprung her vom Willen zum Sinn durchdrungen. Er ist auf Sinnrealisierung und Werteverwirklichung ausgerichtet.
Logotherapie will das Geistige im Menschen ansprechen und seine Geisteskräfte mobilisieren.
Das Wort Logotherapie wurde zum ersten Mal im Jahr 1926 durch den Wiener Neurologen, Psychiater und Arztphilosophen Dr. med. et Dr. phil. Viktor Emil Frankl (1905 – 1997) geprägt.
Logos, (altgriechisch) heißt einmal Sinn und dann auch das Geistige: Der Mensch als Leib-Seele-Geist-Einheit und Ganzheit, als ein dreidimensionales Wesen, dem der „Wille zum Sinn“ ursprünglich innewohnt, sucht zunächst nach dem konkreten, dann aber auch nach einem letzten Sinn seines Lebens. Er fühlt sich in seinem Gewissen vom „Logos“ einer Situation immer wieder angerufen, den Sinn des Augenblicks zu entdecken und dem Sinn gemäß zu handeln. Dadurch erfährt er ein Stück weit Heilung… und schließlich Zufriedenheit!
Der Mensch als „humanes Wesen“ kann…Logotherapie geht davon aus, dass jeder Mensch ein ursprünglich sinnorientiertes Wesen ist, das ein ihm eigenes Wertgefühl besitzt. Lebt er nicht seine Werte und wird sein Wille zum Sinn auf Dauer frustriert, so gerät der Mensch in die innere Leere, in die dann verschiedene Fehlerlebnisse hinein wuchern: neurotische Störungen, Depressionen, Langeweile, Arbeitsunlust, Ängste und Phobien, Orientierungslosigkeit, nihilistische Gedanken oder auch übermäßiger Geltungsdrang, forciertes Luststreben, lähmende Trägheit, Süchte usw. Dem Zustand der inneren Leere, die ein Mensch kaum ertragen kann, wird das Streben nach Sinn und Sinnfülle als Kontrapunkt entgegengesetzt.
Der Mensch hat sich im Alltag, in den je konkreten Situationen seines Alltagslebens zu bewähren, indem er physisch, seelisch und geistig den hier und jetzt leise rufenden Sinn wahrnimmt und wahrmacht.
Außerdem ist Logotherapie – in Form der Sinnseelsorge – immer dann angezeigt, wenn es gilt, den Zustand quälender Trostlosigkeit zu beheben, der angesichts eines unabänderlichen Schicksals (z.B. Behinderung, Krankheit, Verlust eines geliebten Menschen etc.), oder auf Grund einer falschen Einstellung zum eigenen Leiden entstanden ist.
In diesem Zusammenhang eignet sich die Logotherapie auch sehr gut zur Klärung der eigenen Lebens-Bilanz, vor allem von ihrer existenzanalytischen Form her, die im Grunde auf Erhellung der eigenen, persönlichen Existenz in ihren Sinnbezügen zielt. Es geht um die Weckung des ursprünglichen Sinnbewusstseins: Jederzeit - und immer wieder neu - wartet etwas Wichtiges, Bedeutsames und Wertvolles auf einen Menschen, auf ihn als diese einzigartige, einmalige und unwiederholbare Person, – die jeder ist. Und: Niemand kann dieses „Etwas“ so verwirklichen wie die aufgerufene Person selbst.
Macht es doch praktisch einen wesentlichen Unterschied aus, ob jemand sein Menschsein als nur kränklich, psychisch schwach, schicksalhaften Faktoren und psychologischen Determinanten ausgesetzt und fatalistisch versteht, oder – trotz und neben den nicht zu leugnenden schicksalhaften Momenten – sein Menschsein im Geistigen auch heil und unversehrt empfinden kann, da der Geist gar nicht krank werden kann, lehrt Viktor Frankl. Zugleich betont er: Mit dem Geistigen ist die Freiheit und die Verantwortlichkeit „für“ konkrete Werte und „für“ einen Sinn, der mich angeht, von vornherein mitgegeben. Das zu erfühlen und zu begreifen, ist der springende Punkt.
Viktor Emil Frankl, Dr. med. Dr. phil., Wiener Psychiater, Neurologe und Arztphilosoph, hat nach Freud und Adler die sog. „Dritte Wiener Richtung“ der Psychotherapie begründet: Die Logotherapie und Existenzanalyse.
Frankl, Überlebender von vier Konzentrationslagern, war Humanist, der im Menschen das sinnsuchende Wesen erkannte. Für ihn ist der Wille zum Sinn der ursprüngliche Beweggrund und Motivation des Menschen. Die Ebene der Sinnfindung sei höher anzusiedeln als die Befriedigung von Lust- und Machtbedürfnissen, lehrte Frankl schon vor dem Zweiten Weltkrieg.
Nach 1945 war er Vorstand der Wiener Neurologischen Poliklinik sowie Professor an der Universität Wien und später an der Universität von San Diego in Kalifornien. Die amerikanische Psychiatriegesellschaft verlieh Frankl als erstem nichtamerikanischen Psychiater den Oskar-Pfister-Preis. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften wählte ihn zu ihrem Ehrenmitglied.
Seine 32 Bücher sind in 30 Sprachen erschienen, einschließlich der japanischen, chinesischen, koreanischen und russischen. Sein bekanntestes Werk: „...trotzdem ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager“ wurde mehrmals zum besten Buch des Jahres gewählt und allein in den USA über neun Millionen Mal verkauft. Frankl beschreibt darin schonungslos ehrlich seine ganz persönlichen Erfahrungen in den verschiedenen Konzentrationslagern: in Theresienstadt, Auschwitz, Dachau und Türkheim.
Schon dem Medizinstudenten Frankl fiel immer wieder auf, – zunächst bei Freud, dann bei Adler, und auch bei sich selbst: Professoren und Buchautoren beschäftigen sich derart intensiv mit nur einem bestimmten Aspekt des Menschen, dass sie ihn gar nicht mehr als ganzheitliches Wesen sahen.
„Der Wille zum Sinn ist ein ausgesprochenes Therapeutikum. Seine Erweckung ist das Einzige, das dem Menschen von heute über das existenzielle Vakuum hinwegzuhelfen vermöchte. Der Logotherapie als einer Therapie vom Logos, und das heißt: vom Sinn her, geht es um den personalen und konkreten Lebenssinn, dessen Erfüllung jedem einzelnen abverlangt und aufgetragen ist.“ (Viktor Frankl)
Viktor Frankl: * 26.03.1905 - † 02.09.1997
Er bleibt auch über seinen Tod hinaus eine leuchtende Gestalt des Humanismus und ist ein Mensch, der für bleibende Werte eingetreten und insofern ein großes Vorbild ist.